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Mittwoch, 11. Juli 2012

Liebe und Gottgefälligkeit - Lesbischsein und Religion


Diesen Text habe ich durch Zufall beim googeln gefunden - und ich finde ihn so schön und gut geschrieben, das ich ihn einfach posten muß. Das sollten sich wirklich mal die, die immer gegen lesbische und schwule wettern zu Gemüte führen und mal drüber nachdenken. Und ich spreche da aus eigener Erfahrung: nur weil ich eine Frau liebe bin ich kein anderer oder schlechterer Mensch.
Aber lest selbst:


Liebe und Gottgefälligkeit

Hilal Sezgin - SWRinfo - Islamisches Wort - Januar 2010

Eine Bekannte von mir war lange mit ihrem Leben nicht zufrieden. Zwar studierte sie, war in der Gemeinschaft aktiv. Aber sie suchte einen Mann, der sie liebte und den sie liebte, und glaubte ab und zu, einen gefunden zu haben; aber nie wurde eine richtige Beziehung daraus. Wir verloren uns aus den Augen, viele Jahre später sah ich sie wie-der. Sie hielt den Kopf ganz anders als früher, ihre Augen strahlten, sie schob einen Kinderwagen vor sich her, sie war wie verwandelt; immer, wenn man sie von nun an auf der Straße sah, merkte man: Das, was vorher in ihrem Leben gefehlt hatte, war jetzt da. Und zwar hatte sie endlich Liebe und Familie gefunden - mit einer anderen Frau.

Sie war lesbisch "geworden". Und sie ist Muslima. Lesbischsein und Schwulsein ist nicht gerade das, was man mit gläubigen Muslimen üblicherweise verbindet. Der Koran gibt an mehreren Stellen die Geschichte Lots und des Volkes von Sodom wieder, in dem Männer mit Männern verkehrten (Sure 7:80-84; 15:57-77; 26:159-174; 27:54-58). Lot nannte sie ein „schändliches“, „hemmungsloses“ und „dummes“ Volk. Vom Himmel ging ein Steinhagel auf sie nieder. Irdische Strafen für Homosexualität im Speziellen benennt der Koran nicht, sagt aber an anderer Stelle, Unzucht aller Art sei zu bestrafen (Sure 4:16). Damit ist wohl auch Homosexualität gemeint. Traditionell lehnt der Islam die Homosexualität genauso ab wie es das orthodoxe Judentum oder Christentum tun (vgl. Levitikus, 18:1-22). Tatsächlich ist es ja dieselbe Tradition, die Geschichte von Sodom und Gomorrha stammt aus der Bibel. Nach klassischer muslimischer Auffassung ver-stößt Homosexualität gegen die von Gott gewollte Art von Liebe und Sexualität, nach der immer ein Mann und eine Frau, und nicht zwei Menschen gleichen Geschlechts zusammen gehören.

Und ehrlich gesagt, bin ich nicht überzeugt, dass das auch heute noch muslimische Auffassung sein muss. Unsere Gesellschaften haben sich gewandelt, Familien sind anders strukturiert. Die Kindersterblichkeit ist viel geringer, und es ist nicht mehr Hauptzweck liebender Beziehungen, im physischen Sinne fruchtbar zu sein. Heutige Paare stehen nicht mehr vor der Aufgabe, möglichst viele eigene Kinder aufzuziehen, um die Gemeinschaft und das eigene Alter zu sichern; man kümmert sich mit um die Kinder des Partners aus einer früheren Ehe, man versucht, in schwierigen Zeiten seinen Job zu behalten oder einen zu finden; bemüht sich, ein paar Träume zu verwirklichen, gleichzeitig realistisch zu sein und in dem ganzen Chaos halbwegs anständig zu bleiben. All das tun viele Menschen lieber zu zweit als allein; und wieso soll es nicht mit einem Partner gleichen Geschlechts möglich sein?

Eben deswegen kann ich mir so schlecht vorstellen, dass Gott etwas dagegen haben soll, wenn sich zwei Menschen lieben. Egal, wie ihre Körper aussehen. Was zählt, denke ich, ist, wie sie miteinander umgehen: ob sie ehrlich sind, vertrauensvoll, zärtlich, hilfsbereit. Das ist wichtig. Und dass sie sich gut miteinander fühlen, dass sie einander helfen, die Menschen zu werden, die sie sein sollen, und das Leben zu leben, das ihnen bestimmt ist. Bei der Bekannten, von der ich eingangs erzählte, war es genau so: Man merkte, hier war etwas ins Lot geraten, das vorher nicht stimmte. Hier hatte ein Mensch endlich den anderen Menschen gefunden, der zu ihm passt, sogar: der zu ihm gehört.

Keiner sollte es wagen, ein so glückliches, stabiles Paar und Elternpaar zu missbilligen, weil ihr Verhalten angeblich nicht gottgefällig wäre. Woher wissen wir das? Wer sind wir, dass wir jemand anderen, der im Begriff ist, so etwas Anspruchsvolles wie eine Lebenspartnerschaft aufzubauen, entmutigen dürften?! Respektieren sollten wir vielmehr jede Familie und jedes Paar mit ernsten Absichten, egal, welchen Geschlechts die beiden sind. Und wenn ein Sohn oder eine Tochter zu den Eltern kommt und ihnen sagt: Ich glaube, ich liebe einen Menschen von meinem eigenen Geschlecht – dann können die Eltern stolz und dankbar sein für das Vertrauen und die Offenheit, die in ihrer Familie herrschen. Sie sollten nichts darauf geben, was die Nachbarn vielleicht Abfälliges sagen, sondern ihren Kindern beistehen, ihren Weg zu finden und zu gehen.

Weil Homosexualität nicht automatisch „Unzucht“, sondern eine Form von Liebe ist.



Islamisches Wort: Liebe und Gottgefälligkeit - Hilal Sezgin - Januar 2010 - PDF-Dokument

SWR Mediathek - Islamisches Wort: Liebe und Gottgefälligkeit



10 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

ich finde deine einstellungen interessant und werde deine leserin..der text ist wirklich toll geschrieben.

Amirah (Diana) hat gesagt…

@Pusteblume: Ja, das fand ich auch, deswegen mußte ich ihn auch unbedingt in meinem Blog veröffentlichen.
Es ist ja leider immer noch so, daß es Leute gibt, die bei diesem Thema Vorurteile haben und sich deswegen auch einige einfach nicht trauen dazu zu stehen.
Aber man wird nun mal so geboren und kann nichts daran ändern, man kann sich höchstens verstellen, aber wer will das schon ein Leben lang?!
Die Gesellschaft ist ja teilweise schon am umdenken und zeigt immer mehr Toleranz, da ist es doch schön zu sehen, daß auch einige Religionen da mittlerweile ein wenig drüber nachdenken.
Aber wie dem auch sei, im Zweifelsfall geht es denjenigen, die mir gegenüberstehen nichts an, ob ich mein Leben nun mit einem Mann oder einer Frau teile - keins von beiden macht mich zu einem besseren oder schlechteren Menschen.
Und um mit klarzukommen ist das auch nicht unbedingt wichtig, es sollte doch eher zählen, wie ich mich dem anderen gegenüber gebe und verhalte und nicht mit wem ich das Bett teile.

LG Diana

.She believes in destiny. hat gesagt…

Sehr schön geschrieben. Ich persönlich glaube zwar an keinen Gott, bin ich doch in verschiedenste religionen interessiert. Ich arbeite auch ehrenamtlich in einem Jugendzentrum. Dort gibt es eine homosexuelle person, aber auch viele Imigranten mit muslimischen Glauben. Im vergleich zu deiner Toleranz, ist bei den kleinen kaum eine zu entdecken. Somit finde ich deine offene und moderne Einstellung, auch wenns im Koran anders steht, sehr nachvollziebar und gut argumentiert.

Amirah (Diana) hat gesagt…

@.She believes in destiny.:
Der Text ist ja von einer Muslima für Muslime - das fand ich daran ja so bemerkenswert. Er stammt aus einer Radiosendung für Muslime wo alltägliches mit Texten aus dem Koran oder anderen Dingen des Glaubens verknüpft wird - wie es das auch zuhauf zu christlichen Dingen in den Radiosendern gibt.
Ich fand es halt nur bemerkenswert, das selbst im Islam mittlerweile für mehr Toleranz dem gegenüber geworben wird. Der Islam verurteilt homosexualität zwar, auch wenn es im Koran dazu nur die Stelle über Sodom und Gomorra gibt soweit ich weiß, aber andererseits werden Muslime auch zur Toleranz und Akzeptanz dem gegenüber angehalten. Leider sieht das im alltag anders aus - und gut, das bei den Jugendlichen und vielen Erwachsenen - nicht nur muslimischen Glaubens - eine sehr starke Ablehnung und homophobie vorhanden ist, ist nicht von der Hand zu weisen, da werden Jungen, die nicht so männlich, cool und hart rüberkommen auch schon mal gern als Schwuchtel beschimpft, ohne zu wissen ob derjenige überhaupt schwul ist und selbst wenn, dann wäre es seine Sache.
Oder in Foren sind auch oft so Erklärungen zu lesen, das homosexualität ja eine Prüfung ist die Gott dem Menschen auferlegt hat, diese Neigung entweder zu überwinden und zu besiegen undmit einem Partner des anderen Geschlechts glücklich zu werden oder es zu unterdrücken und ein Leben lang allein zu bleiben und wer es dennoch auslebt würde in die Hölle kommen ---- so ein Schwachsinn, sorry.
Naja gut, ich selbst bin nicht muslimischen Glaubens, sondern habe mich nur als Christin dafür entschieden Kopftuch zu tragen, aus den verschiedensten Gründen und auch einige andere Regeln und Grundsätze für mich und mein tägliches Leben angenommen und von daher möchte ich das jetzt nicht zu sehr verurteilen, allerdings finde ich diese Haltung zur homosexualität doch sehr altmodisch und selbst wenn man das nicht von heute auf morgen ändern kann, wäre da doch etwas mehr toleranz angebracht, denn die Wissenschaft ist da ja doch schon um einiges weiter.

LG Diana

.She believes in destiny. hat gesagt…

Sorry..habe das irgendwie missverstanden. Verfolge deinen Blog auch erst seit gestern und muss mich erst ein mal in dein kleines Leben einlesen^^. P.s.: Beeindruckend, wie viel Mühe du dir stets mit dem Beantworten von Kommentaren machst ;)

Amirah (Diana) hat gesagt…

@.She believes in destiny.: Macht ja nichts ;) Ja, mein Leben ist kompliziert und fernab jeder Norm *lach* Nein, ich denke mal soo schlimm ist es nun auch wieder nicht - ich mache nun mal das was ich gerne möchte und gerne mag und was mir gefällt und Lebe mein Leben so, wie ich es gerne möchte und tue dabei Dinge, die wahrscheinlich nicht jeder tun würde - selbst wenn er es gern möchte, schon allein wegen "den anderen" - was sollen denn nur die Leute sagen...
Und für mich gehört es mittlerweile halt auch zu meinem Leben Kopftuch zu tragen (obwohl ich ja eigentlich Christin bin) und eine Frau zu lieben - wobei letzteres ja eigentlich eher unspektakulär ist ;)

Und was das beantworten angeht: Ich finde wenn jemand schon soviel Interesse zeigt, dass er sich die Mühe macht einen Kommentar zu schreiben oder gar eine Frage zu stellen - dann hat er das auch verdient, dass ich die Frage beantworte oder zumindest den Post kommentiere, wenn ich auch noch was dazu zu sagen habe. :)

LG Diana

Mone Hazel hat gesagt…

so denke ich auch! Und richtig guter text, der gefällt mir:) Und dein Blog übrigens auch,hihi, bin gerade durch Zufall draufgestoßen und folge dir auch :**<3 Liebe Grüße !! :)

Amirah (Diana) hat gesagt…

@Simonexxl: Hallo Simone,
schön zu lesen, daß Du was das Thema angeht genauso denkst - ja, der Text ist wirklich richtig gut, mir hat er auch gefallen - deswegen mußte ich ihn ja auch unbedingt posten ;)
Da sollten einige wirklich mal drüber nachdenken,...
Wenn ich zum Beispiel sehe, das in den USA von konservativen Kirchen-Verbänden Plakate mit Sprüchen wie "I kissed a girl and i liked it, then i went to hell" oder Are you Gay or Lesbian and don't want to be? There's HOPE for Change. aufgehängt werden, dann kommt mir das kalte Grausen. Als wenn man sonstwie was schlimmes macht und dafür in die Hölle kommt - oder gar krank ist. Naja, die Amis haben sowieso ein gestörtes Verhältnis zur Sexualität ;)
Schön, daß Di r mein Blog auch gefällt und Danke fürs folgen :)

LG Diana

Anonym hat gesagt…

Hallo Diana :)
Ich als gläubige muslima kann dir sagen es herrscht "leben und leben lassen".
ich glaube daran dass Allah allein Menschen richtleiten kann und es ist eine Sünde anderen Menschen zu schaden. wir haben nicht das recht dazu. Ich befürworte Homosexualität nicht aber akzeptiere sie.
allerdings sollte man vor einer Religion, egal ob angehörig oder nicht, Respekt haben.
und der kuran ist so wie er ist zu verstehen, neues darf nicht dazu interpretiert werden. mit Respekt meine ich den gleichen Respekt den ich dir entgegenbringe, ich akzeptiere dich wie du bist. Homosexualität ist im Islam unerwünscht und dies wird sich nicht ändern glaube ich fest. das kopftuch ist ein sehr wichtiges Symbol für Muslime und muslima. keiner kann dir verbieten es zu tragen aber es ist entehrend etwas so reines und unschuldiges- ein symbol für reinheit und eine bindung an den Islam als von muslimen als Sünderin angesehene zu tragen. wer ein kopftuch trägt sollte weder fluchen noch unsittliches gedankengut pflegen. manche Symbole sollte man in ihrer bedeutung wahren. Dies gilt für Religion noch verstärkter da sie einfach alles für viele Menschen ist.
Mfg Roniya n.

Anonym hat gesagt…

Ich gebe dir völlig Recht. Es passt nicht zusammen, dass eine lesbische Person, dazu noch Christ, einen Hijab trägt. Hijab tragen gläubige, gottesfürchtige Frauen. Amira, du bist mit deiner Art zu leben, gerade kein Vorbild dafür. Ich habe nichts gegen Homosexuelle aber wenn jeder so leben würde, gäbe es keine Familien und somit keine Gesellschaft. Eine Familie besteht aus Mutter, Vater, Kind. Das ist Allahs unveränderliches Gesetz. Du siehst den Hijab als eine Art Mode, damit hat Hijab aber nichts zu tun. Du bekommst sehr viel Zuspruch von den Followern, wril du Christ bist und keine Muslimin. Denn wärst du Muslimin, hätte es hier etliche Kritiken gegeben. Nur wenige hätten akzeptiert, eine Muslimin trage den Hijab aus Überzeugung. In den Köpfen der Menschen "geistert" immer noch die Vorstellung einer unterdrückten muslimischen Frau. Du bekommst tolle Feedbacks, weil es bei dir um Mode geht und nicht um den Islam. Das ist der Unterschied...Hatice