Eine niederländische Modedesignerin entwirft Alternativen zum traditionellen islamischen Kopftuch
„Wer turnen will, muss Rollkragenpullover und Badekappe tragen“, heißt es an manchen niederländischen Schulen, wenn muslimische Mädchen nicht ohne Kopftuch sporteln wollen. Weil sie sich mit dem Kleidungsstück verhaken könnten, werden sie aus Sicherheitsgründen vom Unterricht ausgeschlossen. Sport allerdings gilt als wichtig, weil integrationsfördernd.
Das hat auch die niederländische Designerin Cindy van den Bremen erkannt und zu pragmatischen Mitteln gegriffen: Sie hat vier sportliche Alternativmodelle für das traditionelle islamische Kopftuch, den Hijab, entworfen und damit zumindest ein Integrationsproblem gelöst. „Capsters“ nennt die Designerin ihre mützenartigen Exemplare, die sie bis jetzt für sportliche Aktivitäten wie Tennis, Aerobics, Skaten und Outdoor entworfen hat.
Van den Bremen überrascht es nicht, dass die Mädchen den Badekappen-Vorschlag der Schulbehörde nicht angenommen haben und auch weiterhin dem Unterricht fernblieben. „Junge Musliminnen sind ausgesprochen Modebewußt“, weiß die Designerin, „es ist ihnen peinlich, in solch einem Outfit am Unterricht teilzunehmen“.
Die Kopftuch-Alternativen der Designerin aus Eindhoven treffen den modischen Nerv einer Generation, die mit Kapuzenshirts und Baseballcaps aufgewachsen ist. Den verstaubt-traditionellen Charakter ihrer schalartigen Vorgänger haben sie verloren. Das Skate-Modell ist aus grauem Lycra und mit einer neongrünen Linie abgesetzt, die Outdoor-Variante aus Fleece und mit Klettverschluß, und das weiße Aerobics-Modell zieren zwei schwarze Streifen. Den dritten mußte die Designerin aus rechtlichen Gründen entfernen.
Für die optimale Tragbarkeit und die religiöse „correctness“ ihrer Modelle holte Van den Bremen den Rat eines Iman ein und ließ Ihre Prototypen von muslimischen Studentinnen testen. Dabei stellte sich beispielsweise heraus, dass ein Reißverschluß am Hals unangenehm war, weil er kratzte, oder ein bestimmtes Material zu sehr raschelte und damit das Hören erschwerte.
Mittlerweile werden „Capsters“ auch von Nichtmuslimen gekauft. Eine orthodoxe Jüdin, eine Snowboarderin und Motorradfahrer gehören zum nicht muslimischen Kundenstamm der Designerin, die sonst vornehmlich in die USA, nach Australien und in einige arabische Staaten exportiert. Die engagierte Niederländerin hat ihr eigentliches Ziel erreicht, denn neben den funktionalen und modischen Aspekten verfolgt sie mit ihren Modellen das Ziel, die Bedeutungsschwere des Kopftuchs aufzuheben und es zu entideologisieren.
„Kopftuch und fundamentalistishe Gesinnung werden heutzutage in einem Atemzug gedacht“, erklärt die Designerin „wenn in Zukunft auch Nichtmuslimische Capsters tragen, also die gleichen kulturellen Codes benutzen, verschwimmen die Grenzen. Vorurteile verschwinden, wenn nicht mehr klar ist, wer Muslim ist und wer nicht.“
Dass ihre Arbeit kulturelle Grenzen, und sogar die von Staat und Religion, allmählich aufhebt, zeigt ihr neuester Auftrag: Zum Schutz der muslimischen Wächterinnen in den niederländischen Gefängnissen entwirft Van den Bremen derzeit spezielle „Capsters“. Zurzeit sind die Wächterinnen nämlich noch mit Rollkragenpullover und Kopftuch bekleidet. Und das stellt in den Augen der Behörden ein hohes Sicherheitsrisiko dar.
Anette Frisch
Erhältlich unter www.capsters.com.
1 Kommentar:
It's difficult to find knowledgeable people for this topic, but you seem like you know what you're talking about!
Thanks
Feel free to visit my web blog :: GFI Norte
Kommentar veröffentlichen