Letztens stand ich in der Drogerie am Regal und suchte ein Haarshampoo und eine Dame starrte mich unaufhörlich von der Seite an. Ich lächelte sie an, worauf sie barsch zu mir sagte: "Sowas brauchen sie doch gar nicht." Dann blickte sie abfällig auf mein Kopftuch und meinte: "Schauen sie lieber mal beim Waschmittel, damit können sie den Lappen dann wenigstens waschen."
Ich war erst etwas baff und fühlte mich ein wenig vor den Kopf gestoßen, entgegnete dann aber freundlich und bestimmt: "Ob sie es nun glauben oder nicht, aber ich habe unter meinem Kopftuch auvh Haare, die regelmäßig gewaschen werden wollen. Waschmittel für meine Kopftücher habe ich schon, aber trotzdem Danke für ihre Beratung."
Sie guckte mich etwas verduzt an, vermutlich hatte sie nicht damit gerechnet, daß ich sie verstehe und deutsch spreche.
Sie sah mich misstrauisch an und fragte mich dann in dem Tonfall eines Ordnungshüters, woher ich denn käme.
Ich erwiederte: "Aus Deutschland, ich bin Deutsche und hier gebore, genau wie meine Eltern, Großeltern und die, die es davor noch gab."
Darauf zischte sie: "Das hatte ich befürchtet. WIE kann man als DEUTSCHE nur SOO rumlaufen?! Was soll das?? WIE kann man nur so blöd sein?"
Sie sah mich an, als lauerte sie auf eine Antwort, die sie mir als nächstes um die Ohren hauen könnte.
Ich fühlte mich bedrängt und von der Situation langsam aber sicher überfordert und wußte auch nicht mehr so recht, was ich noch sagen sollte. Also sagte ich dann: "Weil ich es möchte und weil ich es toll finde. Aber WAS wollen sie jetzt eigentlich von mir? Ich bin ja noch nicht mal eine Muslima...!" Wobei ich auf das große Kreuz deutete, was ich an einer langen Kette um den Hals trug und das in Brusthöhe unter meinem Kopftuch hervorlugte. Sie sah mich erschrocken an und ich triumphierte innerlich schon, weil ich dachte sie hätte jetzt eingesehen, daß sie einen Fehler gemacht hat. Doch sie entgegnete nur aufgebracht: "Das.... das,.. das ist ja noch schlimmer!!!" Ich fragte: "Warum?" Aber die Antwort blieb sie mir schuldig, da sie schon auf dem Absatz kehrt gemacht und hinter dem nächsten Regal verschwunden war und mich verduzt stehen ließ.
"Alles in Ordnung?" fragte eine Stimme hinter mir. Ich drehte mich um, da stand ein junger Mann. Ich meinte: "Ja schon, wenn ich innerlich nicht gerade auf 180 wäre." Er grinste und meinte "Ja, ich hab das eben mitbekommen, unmöglich solche Leute. Lass Dich nicht ärgern, es sind nicht alle so drauf."
Ich: "Ja, Danke, ich werd's versuchen"
Er: "Ich wünsche Dir trotzdem noch einen schönen Tag."
Dann steckte er sich seine Ohrstöpsel wieder in die Ohren und ging seiner Wege. Ich frage mich nur, warum er sich nicht schon vorher eingemischt hat. Allerdings drohte mir ja auch keine Gefahr und er mußte ja auch erstmal die Lage abchecken. Und er hat ja hinterher wenigstens gefragt, also will ich mich da auch nicht beklagen.
Letztens in der Bahn döste ich so vor mich hin an einer Haltestelle stieg eine Frau ein und setzte sich zu mir in die Vierergruppe. Ich machte kurz die Äuglein auf um zu gucken, wer sich da hingesetzt hat, und als ich sie gerade wieder geschlossen hatte, fragte mich die Frau:
"Warum trägst du das Kopftuch?"
"Weil ich es gerne tragen will.", antwortete ich, woraufhin sie mich anschrie "Willst du nicht!"
Ich riss erschrocken und überrascht die Augen ganz auf und da kam aus ihrem Mund schon ein Redeschwal, dem ich nicht so ganz folgen konnte, weil sie auch so schnell sprach, daß sich ihre Stimme fast überschlug.
Ich verstand hin und wieder nur Worte wie Afghanistan, Gewalt an Frauen, Unterdrückung von Frauen, Frauenrechte, Emanzipation, Zwangsehen, Ehrenmorde, - das volle Programm eben. Als sie am Ende war, meinte sie nur, wie man sowas nur tragen kann, wenn man weiß, das doch weltweit Frauen unter dem Kopftuch leiden müssen.
Wow, dachte ich, diese Predigt hat sie sich anscheinend schon lange zurechtgelegt und wartet nun schon ewig darauf, das jemandem an den Kopf zu werfen und ich hab es nun abgekriegt.
Ich sah sie von Kopf bis Fuß an. Und dann sagte ich ganz ruhig:
"Sie wissen doch das solche Sneaker, wie die, die sie da tragen, in Asien von kleinen Kinderhänden gefertigt werden oder sie zumindest von Frauen für Hungerlöhne zusammengenäht werden. Aber nur weil sie dieses Wissen haben, hören sie ja auch nicht auf Schuhe zu tragen.
Wenn ich sage, daß ich mein Kopftuch trage, weil ich es gerne tragen will, dann ist das auch so. Aber ich sage es gerne nochmal: ich trage mein Kopftuch aus freien Stücken, weil ich es gerne tragen möchte und es schön finde."
Daraufhin kam fast schon trotzig von ihr: "Möchtest Du nicht, Du wirst doch von Deinen Eltern oder Deinem Mann dazu gezwungen das Kopftuch zu tragen."
Worauf ich erwiderte: "Gute Frau, das kann wohl kaum so sein, wie sie sagen, denn ich habe keinen Mann - ich bin lesbisch und meine Ehefrau würde mich nicht dazu zwingen ein Kopftuch zu tragen. Und meine Eltern sind, wie ich, Deutsche und sie sind genau wie ich brave Christen." Wobei ich zu meinem Kreuz, was ich um den Hals trug griff und es ihr triumphierend, wie einem Vampir entgegen hielt. "Sie würden mich also auch nicht dazu zwingen ein Kopftuch zu tragen, wozu auch?! Es ist meine freie Entscheidung ein Kopftuch zu tragen, weil ich es schön finde und es gerne tragen möchte. Können oder wollen sie das nicht akzeptieren? Wir leben doch in einem freien Land."
Sie wurde rot, nahm ihre Tasche und ging zur Tür, wo sie dann auch stehen blieb, bis sie aussteigen mußte.
Natürlich guckten mittlerweile alle zu mir - einige nickten mir wohlwollend zu, andere grinsten vor sich hin. Und eine Muslima mit Kopftuch sah mich, seitdem ich erwähnte, daß ich lesbisch bin, so komisch an. Es war so eine Mischung aus argwohn, ekel und misstrauen. Vermutlich malte sie sich gerade aus, in welchen Höllenfeuern ich wegen gleichgeschlechtlicher Liebe schmorren würde. Das war mir aber gerade ganz egal, ich war nur froh diese Schreckschraube los zu sein. Sie hatte zwar ihr Ziel - was auch immer das gewesen sein mag - nicht erreicht, aber sie hatte es zumindest geschafft, mich vor allen Leuten in der Bahn bloßzustellen (zumindest die in Reichweite) - auch wenn sie sich dabei selbst demontiert hat. Mir war das alles ziemlich peinlich und ich blieb bis zum Aussteigen mit einem unguten Gefühl in der Magengegend sitzen.
Beim aussteigen nickte mir die Muslima mit dem Kopftuch freundlich zu und meinte "Gut gemacht, bloß nichts gefallen lassen. Lass Dich nicht ärgern, Schwester."
Das überraschte mich dann doch, ich hatte wohl ihren Blick falsch gedeutet - oder sie hatte sich von dem Schock mittlerweile erholt. Sicher war sie aber wohl froh, daß sich die Verrückte zu mir und nicht zu ihr gesetzt hat.
Ich verstehe nicht, das Frauen mit Kopftüchern immer als unterdrückte Wesen und Opfer des männlichen Triebs gesehen werden und das Leute meinen, daß sie wegen ihrem Kopftuch bemitleidet werden müssen und in die ach so beliebte Opferrolle gedrängt werden müssen. Kommt denn niemand auf die Idee, daß es auch viele gibt, die es aus den unterschiedlichsten Gründen freiwillig tragen, weil sie es tragen wollen und es ihre freie Entscheidung ist ein Kopftuch zu tragen?!
Wie es wirklich ist, erfährt man doch sowieso nur, wenn man (auf vernünftige Weise) nachfragt.
Und insbesondere bei mir irren sich die Leute ja oft mit ihren vorgefassten Meinungen und Vorurteilen.
Dabei könnte es sicher so manch interessante Unterhaltung geben, wenn man einfach mal nett, vernünftig und ohne irgendwelche Vorurteile im Hinterkopf nachfragt.
Ich bin die Diana und wurde streng weiblich erzogen. Ich trage nur Kleider und Röcke - und Kopftuch auch wenn ich keine Muslima bin und nicht vorhabe zum Islam zu konvertieren. Mir gefällt es einfach mich so zu kleiden,... Ich werde hier über alles schreiben, was mich in meiner kleinen Welt so bewegt - ob nun über Kleidung, Liebe oder meine Gedanken und Ansichten.
Hijab
Sonntag, 19. März 2017
Schlechte Kopftuch Situationen im Alltag
Abonnieren
Posts (Atom)